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Allem Anschein nach ist das Absoluthören aber eine Eigenschaft, die wir alle haben, mehr oder weniger trainiert. Sich akustische Ereignisse absolut zu merken, also ohne Bezug zu einem anderen, war für unsere Vorfahren vermutlich lebenswichtig.

Auch unser akustisches Gedächtnis leistet heute im Alltag weit mehr, als sich verschiedene Tonhöhen zu merken. Die Frage hinter einer Gedächtnisleistung ist immer: Welche Bedeutung hat das Ereignis für mich? Nun hat eine spezielle Frequenz für die meisten von uns gar keine Bedeutung, daher merken wir sie uns auch nicht.

Absoluthören kann, wie alle anderen Begabungen auch, reiner Selbstzweck sein, dann ist dies zu bestaunen, erfüllt aber im musikalischen Alltag keine Funktion. Vielmehr kann sie eine veritable Behinderung darstellen, besonders wenn man beim Singen in anderer Tonart oder einem neuen Stimmton anfangen muss, umzurechnen. Man hat auch schon geradezu amoksingende Absoluthörer erlebt, die tapfer einen Viertelton über dem Restchor weitersangen.

Genügend bedeutungsvoll ist dem Pianisten "sein" a auf seinem Flügel oder dem kleinen Mozart der Stimmton der "Buttergeige", um im Gedächtnis jederzeit abrufbar zu sein. Will heißen: Die Begabung des Absoluthörers besteht nicht allein im (von der Umwelt bewunderten) Resultat, sondern in der Ursache: Die Musik bedeutet ihm genug.

Böse Zungen behaupten, es sei eine Charakterfrage: Gute Relativhörer sind soziale Typen.

Sich selbst schnell einzuordnen und auf die Vorgaben der Umgebung zu reagieren, macht uns als Mit-Spieler beliebt. Dies bezieht sich nicht nur auf Tonhöhe, sondern selbstredend auf alle musikalischen Parameter.

Man kann auch beides können.

Wer die Ursachen für nicht lupenreines Singen erforscht, stellt manchmal fest, dass die Abweichungen viel interessanter sind als das "Richtige", besonders bei jüngeren Kindern.

Mal abgesehen von den "Perfektsingern", sei es nun aus absoluten oder relativen Gründen, gibt es viele möglichen "Abweichler", z.B. die

  • "Klangverliebten", die Töne in der ungefähren Melodie immer da singen, wo ihre Stimme am besten klingt

  • "Konservativen" mit wenig Erfahrung, die sich eine allzu weite (auch klangliche) Entfernung von ihrer Sprechstimme nicht zutrauen

  • "Nachsinger", die einen bestimmten Klang im Ohr haben und nachahmen, ohne dabei auf Tonhöhen Wert zu legen

  • "Dauertransponierer", die allzu große Intervalle scheuen und diese aus Bequemlichkeit z.B. verkleinern – oder im Gegenteil vergrößern, weil der Geist sie überkommt

Alleine diese Beispiele zeigen bereits, dass für viele musiktreibende Menschen die Tonhöhe (für uns das Non plus Ultra) eine untergeordnete Bedeutung hat. Das bedeutet: Sie und wir sind noch lange nicht an einem Punkt, an dem wir etwas über ihr Gehör sagen könnten, weil sie sich dafür bisher noch gar nicht interessiert haben.